Frankreich besteuert Flugtickets für mehr Entwicklungshilfe
29.6.2006, Paris/Berlin (AFP) - Just zu Ferienbeginn führt Frankreich am 1. Juli als erstes Land in Europa eine Steuer auf Flugtickets zu Gunsten von Entwicklungsländern ein. Auch deutsche Passagiere sind davon zum Teil betroffen. Mit dem erwarteten Erlös von 200 Millionen Euro pro Jahr will Paris den Kampf gegen die Krankheiten Aids, Tuberkulose und Malaria finanzieren, an denen pro Jahr weltweit sechs Millionen Menschen sterben. In Deutschland ist die Einführung einer solchen Abgabe umstritten.
Bei Flügen innerhalb Frankreichs und bei Europaverbindungen müssen Passagiere ab Juli einen Aufschlag von einem Euro in der Touristenklasse und zehn Euro in der Business-Class zahlen. Bei außereuropäischen Verbindungen sind es vier beziehungsweise 40 Euro. Auch Fluggäste, die nach Frankreich reisen, müssen die Abgabe entrichten. Damit sind auch zehntausende deutsche Passagiere pro Jahr betroffen. Das Geld aus der so genannten Solidaritätssteuer fließt in den Fonds Unitaid. Er kauft zu möglichst künstigen Konditionen Medikamente für arme Länder, die dann etwa in Impfprogrammen verwendet werden.
Die deutsche Luftfahrtbranche hat die Bundesregierung vor einer Steuer auf Flugtickets zur Erhöhung der Entwicklungshilfe gewarnt, wie sie am Samstag in Frankreich eingeführt wird. "Diese Idee diskriminiert alle, die mit dem Flugzeug reisen", sagte der Geschäftsführer des Fluglinienverbandes BARIG, Martin Gaebges, am Donnerstag in Frankfurt am Main der Nachrichtenagentur AFP. Eine für Freitag im Bundestag geplante Debatte wurde auf Druck der großen Koalition unter Protest der Grünen kurzfristig abgesagt.
"Wir haben nichts gegen Entwicklungshilfe", sagte Gaebges, dessen Verband hundert auf dem deutschen Markt tätige Airlines aus dem In- und Ausland vertritt. Für die Fluggesellschaften sei es aber seit Jahren "schwer, profitabel zu arbeiten". Dennoch würden sie noch immer als "die Melkkuh der Nation" gesehen. "Wenn der französische Verkehrsminister die Steuer damit begründet, dass Fluggäste ja schließlich nicht zu den Ärmsten gehören, dann ist das falsch. Fliegen ist längst kein Luxusgut mehr. In diesem Fall wäre es sinnvoller, Champagnertrinker zu belasten."
Laut Gaebges sicherte das Bundesverkehrsministerium in Berlin zu, "dass man nicht beabsichtigt, eine solche Ticketabgabe in Deutschland einzuführen". Das Entwicklungshilfeministerium erklärte allerdings auf Anfrage, die Flugticketabgabe sei "ein mögliches Instrument, das wir prüfen".
Eine für Freitag geplante Debatte im Bundestag wurde mit den Stimmen von Union und SPD im federführenden Entwicklungsausschuss kurzfristig abgesagt. Nach Einschätzung der Grünen kann die Debatte nun frühestens am 20. September nachgeholt werden.
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