Abgehobener Luxus
Der frühere British-Airways-Manager David Spurlock hat die neue Fluglinie Eos gegründet, die sich ausschließlich an Business-Class-Kunden richtet. Der Premierenflug startet in wenigen Wochen. Später sollen die luxuriös eingerichteten Boeings auch Frankfurt ansteuern.
Hamburg - Wenn Eos Airlines in den nächsten Wochen zum ersten Mal vom New Yorker Flughafen JFK abhebt, soll es keine extravagante Feier geben, keine Gala mit VIPs oder kostspieligem Schampus. "Wir wollen alles vermeiden, was protzig wirken könnte", sagt David Spurlock, Chef und Gründer der neuen Fluglinie. "Größer feiern werden wir erst Wochen später - am Anfang wollen wir mit all unserer Energie sicherstellen, dass der Betrieb reibungslos läuft."
Spurlock ahnt wohl: Nichts wäre peinlicher, als erst mit großspurigen Auftritten aufzufallen - und dann Pannen eingestehen zu müssen.
Das gilt umso mehr, als Spurlock eine besonders verwöhnte Klientel ködern will: Seine neue Fluglinie, die er klangvoll-mystisch nach der griechischen Göttin der Morgendämmerung benannt hat, will ausschließlich Business-Class-Passagiere über den Atlantik befördern - das Economy-Fußvolk bleibt draußen. "Wir werden die einzige reine Premium-Fluglinie auf unseren Strecken sein", sagt Spurlock im Interview mit SPIEGEL ONLINE.
Tiffany der Lüfte
Eos setzt am Anfang auf der Strecke New York-London zwei Boeing 757 ein, die nur mit 48 Sitzen bestuhlt sind - normal wären über 200. Jeder Platz verfügt über ein voll ausklappbares Zwei-Meter-Bett, eine zusätzliche Ottomane und Prestige-Utensilien wie Kaschmirdecken und Tempurkissen. Auch bei den Menüs wolle er Maßstäbe setzen, verspricht der Unternehmer, der Eos nach eigenen Worten als eine Art Tiffany oder Armani unter den Airlines sieht. "Es reicht uns, eine kleine Nische zu besetzen - die Geschichte zeigt, dass aufs Top-Segment konzentrierte Marken besonders erfolgreich sind."
Die Flugbranche und luxusverliebte Passagiere blicken mit Neugier auf Spurlocks Edelexperiment - denn der Amerikaner bringt Branchenkenntnis und reichlich Startkapital mit. Bis kurz nach dem 11. September 2001 wirkte er als Chefstratege für British Airways und steuerte dort unter anderem die ambitionierte Erneuerung der Flotte. Für sein fliegendes Start-up hat er seither gut 90 Millionen Dollar bei namhaften Venture-Capital-Firmen wie Golden Gate eingesammelt. Weitere 100 Millionen Dollar Kredit erlauben ihm, seine Flugzeuge zu leasen. Nicht einmal Jet Blue, die erfolgreichste Fluglinien-Neugründung in den USA seit zehn Jahren, startete mit so üppig gefüllten Kassen.
Wann folgt Frankfurt?
"Zurzeit klären wir letzte Formalitäten mit der Flugkontrollbehörde und dem Transportministerium in den USA", erläutert Spurlock - daher könne er keinen genauen Termin für den Erstflug nennen. Alles deutet aber darauf hin, dass Eos binnen eines Monats abhebt. "In den kommenden Jahren wollen wir unsere Flotte dann um jeweils vier Flugzeuge ergänzen, bis wir auf 20 kommen." Spätestens dann will Spurlock Städte jenseits von London und New York ansteuern. Bei den US-Behörden hat er schon Interesse an Routen in die Niederlande und gen Deutschland angemeldet. Die logischen Ziele: Amsterdam und Frankfurt am Main.
Eos ist nicht die einzige Airline, die nach kargen Jahren wieder verstärkt auf Firmenkunden mit üppigem Spesenkonto setzt - die Renaissance der teuren Flieger ist im vollen Gange. Die Schweizer PrivatAir bietet seit 2002 im Auftrag der Lufthansa reine Business-Class-Flüge über den Atlantik an, die von München und Düsseldorf aus verkehren - allerdings mit kleineren Maschinen als Eos. Ab 2007 will auch der Newcomer Primaris reine Business-Class-Flüge von Amerika nach Deutschland einführen. "Allein der Markt für First- und Business-Class-Tickets über den Atlantik bringt es auf zehn Milliarden Dollar Umsatz im Jahr", begründet Spurlock den Run auf das Segment.
McKinsey zweifelt
Branchenkenner staunen trotzdem über das Gründerfieber in der krisenanfälligen Flugbranche - und zweifeln, dass sich das Konzept 'Business class only' rechnet. "Der Friedhof der Fluglinien ist voll mit Airlines, die das versucht haben und scheiterten", merkt Henry Harteveldt an, Fluglinienexperte bei Forrester Research in den USA. Frühere Luxusflieger wie MGM Grand oder Legend Air verschwanden allesamt wieder vom Himmel.
Ein kleines Start-up wie Eos werde es schwer haben, prophezeit auch Lucio Pompeo, Airline-Fachmann bei McKinsey in Zürich. Etablierte Konkurrenten wie Lufthansa und British Airways, sagt er zu SPIEGEL ONLINE, könnten mit diversen Vorteilen punkten: mit Bonus-Meilen, einem umfassenden Netz, Umsteigemöglichkeiten und Lounges weltweit. Pompeo: "Ich sage nicht, dass Eos scheitern wird. Gerade auf der Strecke New York-London ist der Markt für Business-Class-Flüge sehr groß. Aber Zweifel sind angebracht." Selbst wenn das Konzept zwischen London und JFK funktioniere, sage das nichts über die Tauglichkeit auf anderen Routen.
Lektionen des Kaffee-Königs
Spurlock kontert: "Unsere Hauptkonkurrenten sind ineffizient, weil sie versuchen, verschiedene Kundenschichten zufrieden zu stellen." Eos werde nicht nur komfortabler fliegen, sondern auch billiger: "Wir liegen 20 bis 25 Prozent unter den veröffentlichten Preisen der Wettbewerber. Ein Eos-Flug London-New York und retour würde so mit "nur" rund 6000 Dollar zu Buche schlagen. McKinsey-Mann Pompeo bezweifelt, dass das ausreicht: "Auch Lufthansa und British Airways gewähren großen Firmenkunden Rabatte von 30 bis 40 Prozent. Generell sind die Tageszeit des Fluges, die Zahl der Verbindungen und Umbuchungsmöglichkeiten für Business-Kunden wichtiger als der Preis oder ein paar Zentimeter mehr Sitzabstand."
Vorsichtshalber hat Spurlock vor dem Start noch einen gewieften Marken-Experten mit an Bord genommen: Zu seinen Investoren gehört auch die Risikokapitalfirma Maveron - dort mischt der Starbucks-Visionär Howard Schultz mit. "Auch auf dem Kaffeemarkt dachte man, dass der Trend zu billigeren Angeboten geht", sagt Spurlock. "Howard hat dort gleichwohl ein Premiumprodukt etabliert und nun uns in Markenfragen beraten."
Ob die Lektionen des Kaffee-Königs für Airlines gelten? Spurlock wird das auch aus persönlichen Gründen hoffen. Über eine Familienstiftung hat er mehrere Millionen Dollar in Eos investiert.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,372785,00.html