Flughafen Erfurt: Mitarbeiter erheben Mobbingvorwürfe
Erfurt. Seit Jahren schon soll der Verkehrsleiter des Flughafens Erfurt Untergebene permanent mobben und durch Intrigen demotivieren. Er soll dabei Rückendeckung von Flughafen-Chef Gerd Ballentin haben. Aus Angst um ihren Arbeitsplatz haben die Geschädigten geschwiegen. Jetzt hat der Aufsichtsrat einen anonymen Brief bekommen und ist alarmiert.Es war 15 Minuten vor Dienstende. Flughafen-Mitarbeiterin Cornelia Spangenberg wollte ihren Jahresurlaub antreten. Da überreichte ihr der Verkehrsleiter zwei Abmahnungen und setzte genüsslich hinzu: "Trotzdem wünsche ich Ihnen einen schönen Urlaub." Für die Angestellte war damit die Erholung schon vorbei, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Doch was das Erfurter Flughafen-Management als eine Verletzung der "arbeitsvertraglichen Pflichten in schwerwiegender Weise" bezeichnet, das bestreitet die 38-jährige Mitarbeiterin energisch: Sie habe zwar außerhalb ihrer Arbeitszeit den Dienstcomputer benutzt, aber nicht um - wie behauptet - eine private Urlaubsreise zu ordern, sondern um ein Linienflugticket für einen Kunden zu buchen.
Das war einer der Tropfen, der für sieben Frauen des Flughafen-Bereichs Passage das Fass zum Überlaufen brachte. Schon seit Jahren, sagen sie jetzt auch öffentlich, fühlen sie sich durch das "unberechenbare Verhalten" des Verkehrs-Bereichsleiters unter Druck gesetzt. "Wir können einfach nicht mehr", klagt Peggy Just (32).
Die Frauen sind mittlerweile wegen Angstgefühlen und Schlafstörungen krankgeschrieben. Cornelia Spangenberg nimmt starke Beruhigungsmittel. Sie weiß weder ein noch aus, seit sie erfahren hat, dass sie jetzt sogar fristlos gekündigt werden soll. Es gibt also viel aufzuklären für den Aufsichtsrat, der nun heute endlich zusammentritt, um den anonym geäußerten Vorwürfen gegen den Flughafen wegen Vetternwirtschaft und Zahlenmanipulationen nachzugehen.
Und eben auch Mobbing. Cornelia Spangenberg ist kein Einzelfall. Kollegin Petra Wagner (44), seit 26 Jahren am Flughafen beschäftigt, wurde nach ihren Angaben vom Verkehrsleiter nahegelegt, freiwillig zu kündigen. Sie passe nicht ins Gesamtbild des Flughafens. Für diese Unverschämtheit, sollte sie wahr sein, hatte der Verkehrsleiter offenkundig Rückendeckung. Flughafen-Chef Gerd Ballentin war dabei, als ihr die Kündigung nahelegt wurde. Eine Stellungnahme zu den Mobbing-Vorwürfen lehnte Ballentin auf Nachfrage unserer Zeitung gestern allerdings ab.
Es ist wenig wahrscheinlich, dass er vom Frust seiner Mitarbeiter nichts mitbekommen hat. Wolfgang Steckhan etwa, Ende der 90er Jahre Leiter des Bereichs Passage, bestätigt die Vorwürfe: "Der Verkehrsleiter hat es schon damals geschafft, durch sein permanentes Mobbing und sein Intrigenspiel die Mitarbeiter enorm zu demotivieren und dem Flughafen und somit auch dem Land Thüringen einen immensen Schaden zuzufügen." Aus Angst um ihren Arbeitsplatz hätten die Beschäftigten alles geschluckt. "Erst als die anonymen Briefe auftauchten", bestätigt Kerstin Schmidt (39), "haben wir den Mut gefunden, uns zusammen zu tun."
Verwunderlich ist, dass der Betriebsratsvorsitzende nichts mitbekam. Noch im Juni gab er dem Verkehrs-Staatssekretär und damaligen Aufsichtsratschef Roland Richwien (CDU), den ein erstes anonymes Schreiben aufgeschreckt hatte, keine Hinweise auf Probleme. Doch hätte nicht auch Richwien besser kontrollieren müssen, fragt nun die empörte Landtags-Opposition. Immerhin ist der Freistaat Besitzer des Flughafens.
Nach Angaben der Passage-Mitarbeiterinnen verschlechterte sich das Betriebsklima weiter, seitdem im Mai befristet eine neue Kollegin eingestellt wurde. Für die Frauen ist sie "ein Spitzel". In einer Nachtschicht fanden sie einige Blätter, auf denen die Frau Bemerkungen über ihre Kolleginnen aufgeschrieben hatte. Diese und weitere Aufzeichnungen sollen angeblich direkt an den Verkehrsleiter gegangen sein.
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