Billigflieger ordern zu viele Jets
Die europäischen Billigfluggesellschaften haben sich überschätzt. Allein Ryanair, Easyjet, Air Berlin, DBA und Germanwings haben zusammen 360 große Jets bestellt, die bis 2010 ausgeliefert werden. Und auf mehr als 370 weitere Maschinen halten sie noch Optionen.
Damit werden die fünf ihren derzeitigen Flottenbestand mehr als verdreifachen. So viel zusätzliche Kapazität verkraftet aber selbst der boomende Billigflugmarkt nicht mehr. Die Anbieter werden in fünf Jahren auf immensen Überkapazitäten sitzen bleiben: Für 36 bis 177 Millionen Sitze werden sie keine Abnehmer finden. Zu diesem Ergebnis kommt die Unternehmensberatung Arthur D. Little in einer bislang unveröffentlichten Studie, die der FTD vorliegt. Erst Anfang der Woche hatte auch noch die finanzschwache Münchner Fluglinie DBA 40 neue Flieger bei Boeing geordert. Ryanair und Easyjet hatten ihre Bestellungen bereits vor rund drei Jahren abgegeben. Der Billligflugmarkt in Europa hat sich in dieser Zeit rapide verändert: Lagen die Wachstumsraten in der Anfangszeit bei bis zu 70 Prozent jährlich, waren es 2004 der Studie zufolge noch 24 Prozent.
Übertriebene Erwartungen
2005 werde das Wachstum 20 Prozent betragen, bis 2010 seien es nur noch durchschnittlich zwölf Prozent jährlich in Westeuropa. "Übertriebene Erwartungen müssen korrigiert werden", sagte Ralph Beisel, Partner bei Arthur D. Little, der FTD. Mit 107 Millionen Passagieren beziffert er den Markt in diesem Geschäftssegment für 2004 höher als andere Experten. Die Berater von McKinsey waren zuletzt von 30 Prozent weniger ausgegangen.
Um zumindest die fest bestellten Maschinen zu füllen, brauchen die Billigflieger Beisel zufolge im Jahr 2010 zusätzlich rund 76 Millionen Passagiere. Zum Vergleich: Lufthansa hat 2004 weltweit 51 Millionen Kunden befördert. Den Prognosen zufolge wird die Nachfrage jedoch um 36 Millionen darunter liegen. "Ein signifikanter Anteil der Überkapazität wird dabei auf den deutschen Markt entfallen", heißt es in der Studie. Das Problem: "Die Strecken in Westeuropa sind weitgehend besetzt, dort wird es zunehmend schwierig, die zusätzlichen Kapazitäten abzusetzen", so Beisel. Folge: Der Kampf um die Passagiere wird weiter über den Preis ausgetragen. Und das geht auf Kosten der Rendite, wenn nicht mehr Tickets abgesetzt werden. "Easyjet und Ryanair verfügen über dicke finanzielle Polster", heißt es in der Studie. "Aber selbst einer Air Berlin kann hier schnell die Luft ausgehen."
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