Luftfahrt: Am Dienstag ist in der Hauptstadt Spatenstich für den Airport - Eröffnung 2011 geplant. Mehr als zwei Milliarden Euro Kosten. Bis zu 40 Millionen Passagiere. In Hamburg sieht man die Berliner Pläne gelassen.
Berlin/Hamburg -
Nach fast 15 Jahren Planung und Streit vor Gerichten ist es am kommenden Dienstag soweit: Der Bau des neuen Großflughafens Berlin Brandenburg International (BBI) beginnt. Zum ersten Spatenstich haben sich Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee, Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (alle SPD) in Schönefeld angesagt.
Innerhalb von fünf Jahren soll der frühere Zentralflughafen der DDR und heute überwiegend von Charter- und Billigfliegern genutzte Airport im Südosten von Berlin für rund zwei Milliarden Euro umgebaut und deutlich vergrößert werden. Die Eröffnung von BBI ist für Oktober 2011 vorgesehen. Er ersetzt dann die heutigen drei Berliner Flughäfen: Tempelhof soll bereits im kommenden Jahr schließen. Der Flughafen Tegel, der bislang die weitaus meisten Fluggäste hat, soll im Frühjahr 2012 seinen Betrieb einstellen.
Während in Schönefeld im vergangenen Jahr 5,1 Millionen Passagiere abgefertigt wurden - alle drei Berliner Flughäfen zusammen kommen auf 17,2 Millionen -, ist der neue Airport auf eine Kapazität von anfänglich 22 Millionen Passagieren mit Erweiterungsmöglichkeit auf bis zu 40 Millionen Reisende ausgelegt. Zum Vergleich: Hamburgs Flughafen rechnet für 2006 mit mehr als elf Millionen Passagieren.
Für die Politik in der Region ist der BBI ein Hoffnungsträger, der einen Schub für die noch immer schwächelnde Wirtschaft und eine Menge Arbeitsplätze verspricht. 40 000 neue Jobs könnten es nach einer Studie bis zum Jahr 2012 werden. "Keine Fantasiezahlen" seien das, sagte Klaus Wowereit.
Doch es gibt auch Kritiker und Gegner. So setzen die rund 4000 Kläger gegen das Projekt noch Hoffnung auf eine Verfassungsbeschwerde, über die noch nicht entschieden ist. Immerhin konnten sie durchsetzen, dass der neue Airport mit verschärften Auflagen für den Lärmschutz und einem weitgehenden Nachtflugverbot auskommen muss.
Harsche Worte fand John Kohlsaat, Deutschland-Chef des britischen Billigfliegers Easyjet. "Die Höhe der Investitionen wird zwangsläufig zu hohen Gebühren und damit zu höheren Ticketpreisen führen", fürchtet der Manager. Daher gehe die Prognose von 22 Millionen Passagieren nicht auf: "Die Zeche bezahlt dann Jahr für Jahr der Steuerzahler." Easyjet beförderte 2005 in Schönefeld 2,5 Millionen Passagiere.
In Hamburg macht man sich angesichts der Berliner Expansionspläne keine Sorgen: "Ich freue mich, dass in Berlin eine neue, moderne Flughafeninfrastruktur entsteht", sagte Michael Eggenschwiler, Chef von Hamburg Airport, dem Abendblatt. "Das ist ein gutes Signal für die Luftverkehrsbranche und für den Standort Deutschland."
Hamburgs Flughafen habe schon früh die Zeichen der Zeit erkannt und sich mit dem Ausbauprogramm HAM 21 für die Zukunft gerüstet. Außerdem seien die Wechselwirkungen zwischen Hamburg und Berlin wegen der räumlichen Entfernung gering: "Hamburg und Norddeutschland fliegen ab Hamburg und Berlin fliegt ab Berlin."
v.m., HA
erschienen am 1. September 2006
http://www.abendblatt.de/daten/2006/09/01/605267.html
Air Berlin bekennt sich zu Schönefeld
Keine Abwanderung geplant / Kritik der Billigflieger
Wenige Tage vor dem ersten Spatenstich zum Bau des Flughafens Berlin Brandenburg International (BBI) hat Air-Berlin-Chef Joachim Hunold Gerüchte über eine Abwanderung seines Unternehmens entschieden zurückgewiesen.
„Wenn gesagt wurde, dass wir wegziehen, ist das Bullshit“, sagte der Manager am Dienstagabend in Berlin. Hunold fügte hinzu: „Wir haben ein ganz klares Bekenntnis zu der Stadt, wir sind hier gewachsen und wollen uns hier weiterentwickeln.“
In diesem Zusammenhang bekräftigte der Air-Berlin-Chef seine Kritik am Konkurrenten Easyjet. Die in Schönefeld operierende Billigfluggesellschaft hatte in den vergangenen Tagen der Flughafengesellschaft mehrfach vorgeworfen, mit dem BBI ein „Milliardengrab“ zu schaufeln (die RUNDSCHAU berichtete).
Easyjet im Kreuzfeuer
Nach Hunolds Auffassung sind sämtliche Argumente vorgeschoben. Easyjet gehe es einzig darum, dauerhaft von seinen Subventionen zu profitieren. Der Billigflieger habe bei seinem Markteintritt einen Vertrag zu solch günstigen Konditionen abgeschlossen, wie sie keine andere Fluggesellschaft habe.
Flughafenchef Rainer Schwarz wies die Vorwürfe Easyjets ebenfalls zurück. Ein Flugzeug werde nach der Lan dung innerhalb von 20 Minuten wieder starten können. Die Wege, die Passagiere am BBI zurücklegen müssten, bräuchten sich im europäischen Vergleich nicht zu verstecken, ergänzte Schwarz. Für Billigfluggesellschaften sei ein spezieller Flugzeugzugang vorgesehen, der es den Passagieren ermögliche, ebenerdig zu Fuß zu den Maschinen zu gelangen. Zudem werde der BBI den Billigfliegern mit 26 bis zu 42 Stellplätzen ausreichend Platz bieten.
„Wir verstehen sehr gut den Wunsch von Easyjet nach Gebühren-Differenzierung“, betonte Schwarz. Diese müsste aber diskriminierungsfrei sein und mit den Regularien der EU übereinstimmen.
Allianz gegen BBI
Die Billigfluggesellschaften ficht diese Erklärung jedoch nicht an. Eine Allianz aus HLX, Wizz Air, Flybe, Sky Europe, Norwegian, Sterling, Transavia sowie dem Verband der Europäischen Niedrigpreisfluggesellschaften (Elfaa) hat sich gestern der Kritik von Easyjet und Ryanair angeschlossen. Verbands-Generalsekretär John Hanlon sagte: „Die Airlines hatten zwar die Gelegenheit, ihre Standpunkte zu schildern, allerdings wurden ihre Forderungen nur unzureichend in den aktuellen Planungen berücksichtigt.“ Die vorgeschlagenen minimalen Veränderungen des Flughafens seien nur „Augenwischerei“ und gingen am eigentlichen Problem vorbei. (Eig. Ber./mü/dpa)
http://www.lr-online.de/nachrichten/wir ... 938aee8720