Gebührenschock in Schönefeld
Fluggesellschaften sollen am BBI mehr Geld für Starts und Landungen zahlen
Wenige Tage vor dem ersten Spatenstich für den Großflughafen Berlin Brandenburg International (BBI) in Schönefeld, der am 5. September stattfinden soll, ziehen dunkle Wolken über dem Projekt auf. Mehrere Fluggesellschaften, die bereits heute in Tegel und Schönefeld zu den Großkunden gehören, sind verärgert darüber, dass sie bislang nicht über die Detailplanungen für den BBI informiert wurden und auch kein Mitspracherecht bei den Planungen haben. Sie befürchten, dass aufgrund der fehlenden Kommunikation mit der zuständigen Flughafengesellschaft letztlich ein Flughafen entsteht, der an den Bedürfnissen der Airlines vorbeigeht und obendrein viel zu teuer ist.
Genährt werden diese Befürchtungen durch Kalkulationen der künftigen Start- und Landegebühren, die aus der Flughafengesellschaft durchsickerten und dieser Zeitung vorliegen. Demnach planen die Schönefelder Airportbetreiber, die Gebühren für den BBI im Vergleich zum Flughafen Tegel kräftig anzuziehen. Nur so können die Betreiber offenbar die Auflage erfüllen, einen Eigenfinanzierungsbeitrag für den Bau des Großflughafens in Höhe von 440 Millionen Euro zu erbringen.
Konkret ist angedacht, die pro Tonne erhobene Landegebühr für Flugzeuge beim BBI auf vier Euro festzulegen. Das wäre eine Verdoppelung dieser Gebühr gegenüber dem derzeit in Tegel erhobenen Entgelt. Bis zu 15 Prozent höher als in Tegel sind auch die Passagiergebühren kalkuliert. Während in Tegel für jeden deutschen Fluggast eine Gebühr von 11,75 anfällt, sollen es in Schönefeld künftig 13,45 Euro sein. Pro Nicht-EU-Bürger müssen die Airlines in Tegel heute 14,10 Euro, später in Schönefeld dann 16,10 Euro zahlen. Für die Fluggesellschaften würden diese Gebührenerhöhungen eine enorme Belastung darstellen. Das verdeutlicht ein einfaches Beispiel. Für den Start eines Airbusses A 310-300 mit einem Gesamtgewicht von 157 Tonnen und 262 deutschen Passagieren an Bord müsste eine Airline künftig knapp 760 Euro mehr an die Flughafengesellschaft bezahlen als aktuell in Tegel.
Alexander Kaczmarek, designierter Finanzsenator im CDU-Schattenkabinett, hat die Sorge, dass durch eine derartige Gebührenerhöhung speziell die Billigflieger, die für den Aufschwung an Berlins Flughäfen sorgen, aus der Hauptstadt abwandern könnten. Kaczmarek: "Ich sehe die Gefahr, dass man einen zu teuren Flughafen baut, der den Wünschen der Nutzer gar nicht entspricht und viele Fluggesellschaften letztlich vertreibt. Dann würde die Finanzierung des BBI dem Land Berlin auf die Füße fallen, und wir hätten eine zweite, nur wesentlich größere Tempodrom-Affäre." Verschärfend kommt hinzu, dass der Billigflieger Easyjet, der seit 2004 für den Aufschwung in Schönefeld gesorgt hat und im Gegenzug vom Flughafen vertraglich Sonderkonditionen erhielt, auf diese nun auch nach Eröffnung des BBI pochen will. Spannend bleibt überdies die Frage, ob die Flughafengesellschaft den Spagat meistern kann, Anforderungen von Billigfliegern und klassischen Airlines gleichermaßen zu bedienen, wenn - wie die Planung es vorsieht - beide Marktsegmente unter einem Dach abgefertigt werden sollen.
Bei Easyjet hieß es gestern lediglich, man sei mit der Flughafengesellschaft im Dialog und hoffe auf eine einvernehmliche Lösung.
Die Lufthansa moniert, dass sie von der Flughafengesellschaft bislang keine Unterlagen zur Planung des BBI erhalten habe. So sei es bislang nicht möglich gewesen, Lufthansa-spezifische Bedürfnisse zu formulieren, sagte Silke Kaden von der Kranich-Airline.
http://www.morgenpost.de/content/2006/0 ... 48106.html
Redebedarf
Endlich geht es los mit dem Bau des Großflughafens in Schönefeld, der für viele neue Jobs und eine bessere Anbindung der Hauptstadt an die Welt sorgen soll. Am 5. September wird der erste Spatenstich für das wichtigste Infrastrukturprojekt der Region Berlin-Brandenburg erfolgen.
In den verbleibenden Tagen muss die Flughafengesellschaft, die den Airport später betreibt, jedoch noch dringend ihre Hausaufgaben erledigen. Konkret bedeutet das, die Flughafenmanager sollten schleunigst den Dialog mit ihren künftigen Kunden, den Fluggesellschaften, suchen und sie über die Detailplanungen für Schönefeld in Kenntnis setzen. Es bringt nichts, einen Airport an den Wünschen der Nutzer vorbeizubauen.
Der Dialog ist auch deshalb wichtig, weil jetzt Informationen über eine spürbare Erhöhung der Abfertigungsgebühren durchsickern. Sollten diese Pläne tatsächlich Realität werden, riskieren die Flughafenbetreiber nicht nur einen Exodus der Billigflieger, sondern auch die Abwanderung etablierter Airlines. Dieses Szenario muss noch vor dem ersten Spatenstich abgewendet werden.
http://www.morgenpost.de/content/2006/0 ... 48052.html