Bund steht zur Tempelhof-Schließung
Trotz der Wahlkampfforderungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird die Regierung für den Flughafen nicht aktiv.
Im Berliner Wahlkampf hat sich die CDU-Vorsitzende Angela Merkel an der Seite des CDU-Spitzenkandidaten Friedbert Pflüger für den Erhalt des Flughafens Tempelhof stark gemacht. Im Interview mit dieser Zeitung hatte sie gefordert, über die weitere Nutzung Tempelhofs müsse diskutiert werden. Aber in der Bundesregierung scheint vom Engagement der Bundeskanzlerin für den traditionsreichen Landeplatz bisher wenig zu spüren zu sein.
Diesen Schluss lässt die Antwort zu, die der Grünen-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wieland jetzt im Bundestag auf seine Anfrage erhielt, ob denn das "Merkel-Machtwort" Folgen habe. "Die Bundesregierung steht zum Konsensbeschluss mit den Ländern Berlin und Brandenburg. Danach wird der Flughafen Berlin Brandenburg International, BBI, als Singleairport errichtet und die bisherigen Berliner Flughäfen Tegel und Tempelhof werden geschlossen", sagte Karin Roth (SPD), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium von Wolfgang Tiefensee (SPD).
Weil auch Wolfgang Wieland weiß, dass es möglicherweise unterschiedliche Auffassungen zwischen dem SPD-geführten Verkehrsministerium und dem von der CDU besetzten Kanzleramt geben könnte, hakte der Berliner Ex-Senator nach. Ob es denn "irgendwelche Aktivitäten der Bundeskanzlerin" gebe, die "dahin zielen, das, was sie vor der Berliner Wahl gesagt hat, nach der Berliner Wahl umzusetzen"? Die Staatssekretärin flüchtete in den Konjunktiv: "Ich gehe davon aus, dass die Bundeskanzlerin noch einmal initiativ würde, wenn es in Zusammenhang mit Tempelhof neue Entwicklungen gäbe." Im Übrigen seien für Genehmigung und Betrieb von Flughäfen nach dem Grundgesetz die Länder zuständig. Die zuständige Senatsverwaltung habe mittlerweile den Widerruf der Betriebsgenehmigung sowie die Befreiung von der Betriebspflicht für den Flughafen Tempelhof zum 31. Oktober 2007 ausgesprochen. "Ich gehe davon aus, dass die Bundeskanzlerin im Rahmen ihrer Möglichkeiten aktiv werden konnte", so Karin Roth abschließend.
Im Berliner Senat kennt man keine offiziellen Initiativen der obersten Repräsentantin des Flughafen-Gesellschafters Bund. "Der Konsensbeschluss wird durchgeführt", sagte Senatssprecher Michael Donnermeyer. "Er kann nur geändert werden, wenn die Gesellschafter dies wollen. Diesen Wunsch müsste der Bund in den Gremien der Gesellschaft artikulieren." Noch prüft das Bundesverteidigungsministerium, Tempelhof durch die Verlegung eines Teils der Flotte der Flugbereitschaft der Bundeswehr zu einem "Regierungsflughafen" zu machen. Ein Ministeriumssprecher bestätigt die Überlegungen, die Struktur der Flugbereitschaft neu auszurichten. Letztlich aber wird es vor allem um Geld gehen. Weil die Flugbereitschaft wohl kaum den Standort Köln/Bonn nahe der Hardthöhe für ihre großen Transportjets aufgeben wird, müsste es in Schönefeld und in Tempelhof je einen Standort geben, weil die größeren Airbusse in Tempelhof nicht landen können. Dass das Finanzministerium angesichts des ohnehin steigenden Finanzbedarfs der Bundeswehr zwei Flugbereitschaftsstandorte in der Hauptstadt bezahlt, gilt als unwahrscheinlich.
http://www.welt.de/data/2006/10/05/1060056.html