Abschiedsfoto am Himmel
Über dem Atlantik kommen sich zwei Flugzeuge sehr nah
Die letzten Flüge vor der Pensionierung des Kapitäns scheinen etwas zu sein, das man als Fluggast vermeiden sollte. Vor den Fenstern der Passagiere einer US-Boeing 747 beispielsweise tauchte vor einigen Jahren im Anflug auf Minneapolis plötzlich ein Bomber aus dem Zweiten Weltkrieg auf. Mit einem Freund ihres Piloten am Steuerhorn, der sich verabschieden wollte. Eine Delta-Boeing 777 rammte auch schon einmal beim Einparken in Atlanta ein Feuerwehrauto, das den Kapitän mit einer Wasserfontäne ehren sollte.
Auch nicht schlecht ist da der mißratene Formationsflug, den einige Piloten der deutschen Ferienfluglinie Condor über dem Atlantik organisieren wollten (die "Welt am Sonntag" berichtete in der vergangenen Woche). Eine Boeing 767 der Gesellschaft verließ am 24. Juni plötzlich ihre vorgeschriebene Route und flog bis auf wenige hundert Meter an eine Maschine von Thomas Cook heran. Nun stellt sich heraus: Die Piloten wollten offenbar so nah heranfliegen, daß dabei ein schönes Erinnerungsfoto für den demnächst ausscheidenden Kollegen an Bord der anderen Maschine herausspringt. Unglücklicherweise irrten sie sich im Jet und versetzten mit ihrem plötzlichen Annährungsversuch den ahnungslosen Kollegen von Thomas Cook in Angst und Schrecken.
In den Cockpits der beiden Maschinen schlugen die automatischen Kollisionswarnsysteme an. Der Thomas-Cook-Flieger, ein ehemaliger britischer Kampfpilot, zog sein Flugzeug steil nach oben, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Die mehr als 400 Passagiere an Bord der beiden Maschinen begannen, sich in 9000 Metern Höhe vor der kanadischen Küste äußerst unwohl zu fühlen. Glücklicherweise passierte nichts Schlimmeres, und beide Flüge kamen ohne weitere Zwischenfälle an.
Zumindest für die Condor-Piloten hat die Sache allerdings ein Nachspiel. Ihre Fluggesellschaft besteht zwar darauf, daß zu keiner Zeit eine echte Gefahr für Flugzeuge oder Passagiere bestanden hätte. Die beiden Flugzeugführer des vom Kurs abgekommenen Jets sind mittlerweile trotzdem vom Dienst suspendiert. Die Condor will sich bislang nicht dazu äußern, was mit dem baldigen Rentner geschehen wird. Sollten sich alle Vorwürfe in der nun eingeleiteten Untersuchung bestätigen, dann dürften womöglich alle vier Piloten der beiden Maschinen demnächst viel Zeit im vorläufigen oder endgültigen Ruhestand miteinander verbringen können. Dann könnten sie zumindest in aller Seelenruhe Fotos voneinander machen.
http://www.wams.de/data/2005/07/17/746895.html