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BeitragVerfasst: Montag 21. November 2005, 12:52 
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Billigflieger erwarten Konsolidierung



Nach der Allianz von Germania und AirBerlin stehen weitere Zusammenschlüsse unter deutschen Fluggesellschaften bevor. Keine gute Nachricht für Marktführer Lufthansa: Der Konzern muß sich auf erstarkte Konkurrenten einstellen

von Jens Flottau



Wer es ganz genau wissen wollte, dem ermöglichte AirBerlin tiefe Einblicke in die Vorgänge: Kurz vor seinem Tod habe Hinrich Bischoff "dankbar gelächelt", ließ die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft die Öffentlichkeit per Pressemitteilung wissen. Sodann habe der Mann, der die deutsche Luftverkehrsbranche jahrzehntelang mit dem "Outfit eines ländlichen Tierarztes" (O-Ton der Mitteilung) schmückte, AirBerlin-Chef Joachim Hunold mit der Fortführung seines Lebenswerkes beauftragt. Bischoffs Firma Germania Flug und AirBerlin gehören auch in Zukunft zwar eigentümerrechtlich nicht zusammen, jedoch soll AirBerlin per Managementvertrag das Geschäft übernehmen.



Daß ein Unternehmen einen Todesfall bei einer anderen Firma derart öffentlich ausbreitet, ist wahrscheinlich ebenso einmalig wie die neue Konstellation, die sich abzuzeichnen beginnt. Das Ableben Bischoffs könnte der Anstoß zur Konsolidierung im deutschen Billigflugsektor gewesen sein, an dessen Ende sich die Lufthansa einer deutlich gestärkten Konkurrenz gegenübersähe.



Denn Joachim Hunold ist durch den Vertrauensbeweis seines ehemaligen Rivalen Bischoff ein mächtiger Mann geworden - und damit attraktiv. Er regiert nicht mehr nur über die 51 AirBerlin-Jets, mit denen in den ersten neun Monaten des Jahres 11,7 Millionen Passagiere flogen. Hunold ist im Auftrag der Bischoff-Erben nun für die 44 Flugzeuge der Germania verantwortlich, von denen die meisten über Leasingverträge die Passagiere anderer Airlines befördern. Unter anderem fliegen fünf Maschinen für Hapag-Lloyd Express und 21 für die DBA.



Daß so viel Kooperation auch zu mehr führen könnte, drängt sich förmlich auf. Nur Tage nach Bischoffs Tod bewegt die Branche daher vor allem ein Gedanke: mit wem sich die erweiterte AirBerlin noch zusammentun könnte. Der Startschuß für eine Umorganisation des ganzen deutschen Billigfliegersegments scheint gefallen.



Als wahrscheinlichster Kandidat gilt dabei die DBA. Dort macht man aus der Bereitschaft dazu auch gar keinen Hehl. Ein Mitglied des Topmanagements würde es "absolut begrüßen", wenn AirBerlin und DBA über weitere Dinge ins Gespräch kommen würden. "Ich kenne keinen, mit dem ich besser zusammenarbeiten würde", sagt noch direkter DBA-Hauptgesellschafter Hans-Rudolf Wöhrl über den Kollegen Hunold. "Es wird eine engere Kooperation geben."



Auch jenseits persönlicher Vorlieben erscheint eine Allianz sinnvoll. Die Streckennetze der beiden Fluggesellschaften überschneiden sich fast überhaupt nicht. Während sich AirBerlin auf Urlaubsziele und Metropolen im europäischen Ausland konzentriert, bietet die DBA mit derzeit 29 Flugzeugen ein dichtes innerdeutsches Netz an. Bereits heute helfen sich die beiden Airlines aus, DBA-Piloten fliegen zeitweise AirBerlin-Maschinen. Einem AirBerlin-Sprecher zufolge sind auch Kooperationen wie Gemeinschaftsflüge oder Vertriebspartnerschaften denkbar. Ein Nachteil wäre höchstens, daß AirBerlin in Zukunft hauptsächlich Airbus fliegen will, die DBA dagegen auf Flugzeuge von Boeing setzt.



Was daraus am Ende resultieren könnte, wäre ein Preiskrieg mit dem Marktführer Lufthansa. Zwar heißt es in Berlin, man lege "keinen gesteigerten Wert darauf, die Lufthansa groß herauszufordern". Vermeiden läßt sich dies aber wohl kaum. Denn selbst ohne eine Fusion von DBA und AirBerlin scheint die Lufthansa nicht mehr gewillt, dem Wachstum ihrer Konkurrenz weiter tatenlos zuzusehen. "Die DBA tut der Lufthansa schon jetzt sehr, sehr weh", so ein Branchenkenner. Die Münchner setzten sich auf einst hochprofitable innerdeutsche Strecken, auf denen die Lufthansa nun keine hohen Margen mehr durchsetzen könne. "Es gibt definitiv eine Daseinsberechtigung für eine zweite innerdeutsche Fluglinie."



Die Lufthansa reagierte bislang mit innerdeutschen Billigtickets für 99 Euro von Hamburg aus. Das Experiment dürfte ausgedehnt werden, als nächste Basis der 99-Euro-Flieger ist Düsseldorf geplant. "Nach Jahren des kampflosen Rückzuges hat die Lufthansa jetzt mit dem Hamburg-Modell zu einem überzeugenden Gegenschlag ausgeholt", schreibt die Unternehmensberatung Arthur D. Little in einer Studie. Die Lufthansa wolle allein damit pro Jahr eine Million zusätzliche Passagiere anlocken, und die Berater glauben: "Der Erfolg zeichnet sich bereits ab." Allerdings müßten die Kosten auf den Billigverbindungen um 30 Prozent sinken, damit die Flüge profitabel seien. Gelinge dies, könne das Modell auf ganz Europa ausgeweitet werden und eine allgemeine Preissenkung einläuten.



Daß die Hamburger Initiative der Lufthansa ihren Zweck erfüllt, zeigt die Reaktion des DBA-Chefs Wöhrl. "Die fahren eine ganz klare Strategie gegen uns und AirBerlin", sagt er. Die Preise des Marktführers seien "mehr als Dumping", Lufthansa greife die DBA "mit einer Inbrunst an, die etwas Infantiles an sich hat". Und: "Die können uns damit kaputtmachen." Der Wettbewerb dürfte also noch härter werden, die Preise weiter sinken. "Im deutschen Low-Cost-Markt werden nur Airlines mit einer optimalen Kostenstruktur und einer ausreichenden Kapitaldecke bestehen", glauben auch die Berater von Arthur D. Little. Kleineren Anbietern bleibe nur die Suche nach einer profitablen Nische, der Zusammenschluß mit anderen Airlines oder die Integration in eine der großen und bereits heute profitablen Gesellschaften.



Ein solcher Fixpunkt könnte AirBerlin werden, zumal Hunold schon reichlich Erfahrungen mit Allianzen und Beteiligungen hat. Gemeinschaftsflüge gibt es bereits mit Hapag-Lloyd, an der österreichischen Billigfluglinie hält AirBerlin 25 Prozent. Die DBA ist für Kooperationen sowieso offen. Erst im Frühjahr hat sie sich vom nun verstorbenen Hinrich Bischoff übernehmen lassen, nachdem der seine eigene Billigfluglinie Germania Express (Gexx) eingestampft hatte. Doch nach wenigen Wochen zog sich Bischoff als Eigentümer wieder zurück, weil er die Kosten bei der DBA nicht so senken konnte, wie er wollte.



http://www.wams.de/data/2005/11/20/806280.html?s=1


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